Wie Chemie die Stimmung eines Konzerts festhält
Ein Experiment verbindet Forschung & Popkultur
Kann Chemie Emotionen konservieren? Diese Frage stand am Beginn eines Projekts, das Wissenschaft und Popkultur auf unerwartete Weise verbindet. Der Fachverband der Chemischen Industrie Österreichs (FCIO) nutzt die Atmosphäre eines Konzerts, um sichtbar zu machen, was moderne Chemie heute leisten kann. Bei einem privaten Auftritt des österreichischen Künstlers Bibiza am 8. Dezember 2025 in Linz wurden die Emotionen und Vibes des Publikums eingefangen, indem die ausgeatmete Luft, die beim Lachen und Mitsingen entsteht, gesammelt und mit einem innovativen Verfahren weiterverarbeitet wurde. Das Ziel: Die ausgeatmete Luft liefert das CO₂, das mit der Direct-Air-Capture-Technologie DAC Impact, die an der TU Wien entwickelt und erprobt wurde, herausgefiltert wird. Im Rahmen des CCU-Prozesses, bei dem Kohlendioxid als Rohstoff genutzt wird, begleitet der Chemiker Prof. Dr. Wolfgang Schöfberger von der Johannes Kepler Universität Linz (JKU) die Umwandlung zu Ethanol, das später die Basis für das Parfum bildet, das die Stimmung dieses Abends konservieren soll. Die Idee trägt den Titel „Das Wunder der Chemie“ und zeigt, wie greifbar Forschung wird, wenn sie aus dem Labor in den Alltag findet.
Das Wunder der Chemie
Ein Konzert als Labor, ein Duft als Ergebnis. Was zunächst ungewöhnlich klingt, ist ein präzise geplantes Experiment, das chemische Forschung auf greifbare Weise erlebbar macht: Aus der eingefangenen Konzertluft entsteht ein Parfum - das erste seiner Art. Der Fachverband der Chemischen Industrie Österreichs nutzt die emotionale Kraft eines Live-Erlebnisses, um zu zeigen, wie eng Wissenschaft und Alltag miteinander verbunden sind. "Chemie begleitet uns in nahezu allen Lebensbereichen. Sie steckt in Handys, Verpackungen, Düften und Möbeln ebenso wie in Technologien, die unseren Lebensstandard sichern. Trotzdem bleibt sie oft unsichtbar. Das Projekt soll einen neuen Zugang schaffen, indem es vermittelt, dass chemische Prozesse nicht nur im Labor stattfinden, sondern in jedem Moment, in dem wir leben, atmen oder fühlen", erklärt Dr. Ulrich Wieltsch, Obmann des Fachverbands der Chemischen Industrie Österreichs.
Vom CO₂ zum Duft: Die chemischen Verfahren CCU & DAC
Im Mittelpunkt steht ein Prozess, bei welchem aus Emissionen neue Wertstoffe entstehen. In der Fachsprache heißt es Carbon Capture and Utilization (CCU). Dabei wird Kohlendioxid, das sonst in die Atmosphäre gelangen würde, aufgefangen und in einem chemischen Prozess weiterverarbeitet. In Linz wird dieses CO₂ mithilfe gezielter Elektrokatalyse in Ethanol umgewandelt, einen Alkohol, der in Parfums, Desinfektionsmitteln und pharmazeutischen Produkten verwendet wird. „Wir haben an der TU Wien eine Direct-Air-Capture-Technologie entwickelt, bei der das benötigte Kohlendioxid energieeffizient direkt aus der Luft gewonnen werden kann. Ähnliche Verfahren können auch eingesetzt werden um Kohlendioxid aus industriellen Prozessen abzuscheiden. Unsere Technologie verwendet spezielle Filter, die CO₂ aus der Umgebungsluft ziehen, speichern und für weitere chemische Prozesse anwendbar machen“, erklärt Dr. Josef Fuchs vom Institut für Verfahrenstechnik, Umwelttechnik, und technische Biowissenschaften der TU Wien. "Beide Methoden verdeutlichen das Potenzial moderner Chemie, Emissionen als Ressource zu begreifen. So entsteht aus einem Stoff, der als Klimagas gilt, etwas Neues und Wertvolles. Chemie veranschaulicht damit, wie sich Kreisläufe schließen lassen", so Dr. Wieltsch.
Donauwasser: Aus dem CO₂ der Bibiza-Konzertluft entsteht ein Parfum
Das kreierte Parfum trägt den Namen Donauwasser, eine Hommage an Bibizas Song „Donau“, bei dem das Publikum regelmäßig am lautesten mitsingt, genau jene Stimmung, aus der das gesammelte CO₂ stammt.

